Sprachliche Besonderheiten im Bezug auf den Charakter Homo Fabers
von Claire Pankratz
Der Roman „Homo Faber“ ist geprägt durch seine sprachlichen
Besonderheiten. Wie auch auf dem Titel des Buches genannt, ein Bericht. Es
liest sich tatsächlich wie ein Bericht und dadurch zieht das Buch den
Leser in seinen Bann auf eine ganz eigene Art und Weise.
Man fühlt sich durch diese alltägliche, fast vertraute Sprache
mit in die Geschichte einbezogen. Es ähnelt einem Artikel aus einer Zeitung.
Jedoch beschreiben diese meist einen Vorfall oder ein besonderes Ereignis,
während Max Frisch in seinem Bericht ein Bericht des Lebens Homo Fabers
verfasst. Ich möchte im Folgenden diese auffälligen sprachlichen
Besonderheiten in Bezug zu dem außergewöhnlichen Charakters Fabers
setzen. Diese Art seinen Bericht zu schreiben, sagt viel über die Hauptperson
aus.
Man kann im Allgemeinen sagen, dass der ganze Bericht sehr rational verfasst
wurde. Aufgrund dieser Tatsache fällt es manchen Lesern schwer, sich in
die Rolle und das Denken Homo Fabers zu versetzen.
Sein Schriebstil erscheint einem vorerst distanziert und fast emotionslos,
doch dieses nimmt im Laufe des Berichts eine Wendung, da er letztendlich sozusagen
gezwungen ist Gefühle zu zeigen.
Seine rationalen und wissenschaftlichen Denkweisen machen aber auch auf sich
aufmerksam und wecken Interesse. So scheinen manche Sätze nicht vollständig
ausformuliert. Es stehen Sätze wie “ Die anderen arbeiteten
weiter.“(Seite 54) für sich. Dadurch denkt man beinahe automatisch, warum
er solche Sätze nicht ausformuliert oder begründet. Um Begründungen
oder den Sinn mancher Aussagen zu finden, muss man häufig einige Zeilen
weiterlesen, sonst würde man sie nicht verstehen.
Zudem ist es auffällig, dass er alles, ob nun Objekte, Situationen oder
Personen, wissenschaftlich beschreibt. Er denkt stets einen“ wissenschaftlichen“ Schritt
weiter „Ein Bruder von ihm, der schon seit einigen Monaten
da unten lebte, hatte offenbar Mühe mit dem Klima, ich konnte es mir vorstellen,
Flachland, tropisch, Feuchte der Regenzeit, die senkrechte Sonne“.(Seite
15) Beim Lesen dieser Textpassagen danken sich viele Leser: Wie kommt er darauf
?
Die meisten Menschen würden niemals eine Aussage mit Gedanken dieser
Art verfolgen. Wie auch in diesem Zitat kommen im Buch sehr viele Aufzählungen
vor. Sie werden verwendet, um definierte Beschreibungen zu ermöglichen.
Häufig werden sehr kurze Sätze verwendet „Dann Stille“ oder „Er
lachte“. (Seite 21)
Auch dieser Stil wird verwendet, um Situationen klar und deutlich dem Leser
näher zu bringen.
Ein weiterer Aspekt ist seine umgangssprachliche Redensart. So kommentiert
er Ereignisse mit „Wir hatten ein Affenschwein“(Seite21) oder „Wie
ein Hanswurst“(Seite62). Diese Ausdrucksweise lässt
den Leser mitfühlen und sich in die Lage versetzen. Außerdem spiegeln
diese Aussagen die Persönlichkeit Fabers wider.
In dem Bericht werden keine oder nur sehr wenig Adjektive benutzt. Er beschreibt,
wie gesagt, sachlich und „schwafelt“ nicht. Auch wenn er Dinge
wissenschaftlich beschreibt, benutzt er selten Adjektive. Demnach sind seine
Beschreibung zu meist neutral und kurz „Abendessen: ein Käse-
Sandwich, eine halbe Banane“(Seite 23). Er verwendet keine Metaphern, weil es nicht
zu seinem Charakter passt, Dinge zu umschreiben.
Die unterschiedlichen Kritiken, welche auf dem Zettel erwähnt werden,
sind also auf die verschiedenen Auffassungen der Leser zurückzuführen.
Auch in unserer Klasse haben wir festgestellt, dass der Bericht entweder gut
oder schlecht bewertet wurde. Es gab niemanden, der etwas zwischen diesen Wertungen
Preis gab. So, denke ich, ergeht es auch diesen Kritikern. Der eine fasst es
als „schlechtes
Deutsch“ auf, während der andere der Meinung ist, man könne
Faber am besten durch seine Sprache charakterisieren.
Ich vertrete die Meinung des zweiten. Man erkennt an der Ausdrucksweise
Fabers, dass er rational denkt und seine Gefühle unterdrückt. Er
kontrolliert sich selbst, sein Verhalten und sein Leben. Er gesteht sich seine
wahren Gefühle nicht ein. Meiner Meinung nach gesteht er sich nicht ein,
dass er Hanna liebt und Ivy nur als Ablenkung ausnutzt. Er sagt zwar, dass
er sie nicht liebt, aber er erwähnt nicht, dass immer noch Gefühle
für Hanna vorhanden sind. Er hat ein gestörtes Verhältnis zur
Liebe, was er aber zum Teil auch zugibt „Mag sein, dass ich
Ivy liebte. (Sicher war ich bei Frauen nie)“(Seite58).
Homo Faber ist ein Einzelgänger, der lieber für sich selbst lebt
als für andere. Dennoch kann er mit anderen Menschen umgehen. Er wäre
fähig, mit ihnen zusammenzuleben, aber seinem Charakter nach möchte
er es nicht. Für ihn steht der Ruf an erster Stelle. Liebe oder Freundschaften
haben für Faber keinen hohen Stellenwert.
Als Faber Sabeth kennenlernt, sucht er in ihr Hanna wieder. Er erkennt Parallelen
zu seinen früheren Gefühlen.
Als Sabeth schließlich im Sterben liegt, ist Faber gezwungen, Gefühle
zu zeigen. Diese Stelle im Buch gefällt mir persönlich sehr gut,
da Homo Faber erstmals über seinen Schatten springen muss.
Meiner Meinung nach spiegelt die Sprache des Buchs eindeutig den Charakter
Fabers wider. Er ist rational, wissenschaftlich und direkt. Das Buch liest
sich wie ein „Lebensartikel“. Er schreibt ihn wie einen Report,
doch das macht das Buch für mich interessant. Vor allem ist man diesen
Schreibstil nicht gewohnt, da nicht viele Bücher auf diese Art geschrieben
wurden. Ich finde diese Schreibart für das Buch perfekt. Hätte Max
Frisch es anders verfasst, wäre mir die Lust am Lesen vergangen, da die
Geschichte doch eine Art „Kitsch“ besitzt. Durch diese einzigartige
Schreibweise, bekommt die Geschichte einen völlig anderen Charakter und
das ist das Besondere.