Interpretation, allgemein

(lat. interpretari = erklären, deuten) ist die meist schriftliche Untersuchung, Beschreibung und Deutung eines Textes. Sie erfolgt planvoll, in sich gegliedert, in stilistisch geschlossener Form und berücksichtigt die innere Seite eines Textes (= immanente Interpretation)sowie äußere Bedingungsfaktoren (= textexterne Interpretation). Die sog. textexterne Interpretation berücksichtigt Sachverhalte außerhalb des Textes, z.B. Biografie, Geschichte, Gattung.

Die Hermeneutik

(gr. herme neuein = auslegen, benannt nach Hermes, dem Vermittler zwischen Göttern und Menschen, ist die Kunst der sinngerechten Auslegung (Deutung, Interpretation). Sie bedient sich der hermeneutischen Methode, die als verstehend-deutendes Verfahren der sog. Geisteswissenschaften sich gegen das kausalgesetzlich-erklärende Verfahren der Naturwissenschaften abgrenzt. Mit dem Begriff des hermeneutischen Zirkels wird ein Verfahren beschrieben, das vom ersten (vorläufigen) Gesamtverständnis (dem Primärverständnis) über die Anlayse von Einzelheiten zur Re-Synthese eines reflektierten neuen Gesamtverständnisses führt.

Die Gedichtinterpretation

ist ein Prozess in drei Phasen:

    1. Phase: Gesamteindruck, erstes Gesamtverständnis und eventuelle Themenanalyse

        1. Über Assoziationen zum Titel lässt sich eine bestimmte Erwartungshaltung aufbauen.

        2. Leises und möglichst lautes Lesen erschließen den Rhythmus, die Klanggestalt und zeigen inhaltliche und formale Auffälligkeiten, deren Einschätzung noch ganz subjektiv gefärbt und spontan sein darf, die aber unbedingt notiert werden soll (großzügig auf einseitig beschriebenen Notizblättern), um sehr früh mögliche Deutungshypothesen oder schon eine mögliche Sinnrichtung des Gedichts zu erhalten. Auch Irritationen und Unverständlichkeiten sind zu notieren.

        3. Eine Themenanalyse soll die Aufgabenstellung konkretisieren. Z.B.: Interpretieren Sie das Gedicht nach Inhalt und Form! Der Inhalt bezieht sich auf Thema und Motive. Die Form meint Aufbau (Strophenform und -zahl), Rhythmus, Metrum, Lautmalerei und Melodie, Reim, Stil, Bildlichkeit (Bilder, Metaphern, Symbole, Chiffren).

    2. Phase: Tabellarische Stoffsammlung

      1. zur Verdeutlichung der Wechselbeziehung inhaltlicher und formaler Elemente, so dass der erste Gesamteindruck differenziert und begründet werden kann.

    1. Phase: Ausarbeitung der Interpretation

      1. im beschreibenden und begründenden Textzusammenhang und Korrektur

        1. Wenn die tabellarische Stoffsammlung vorliegt, kann das Verhältnis der Interpretationsteile abgestimmt werden:

            • Die Einleitung als Übersichtssatz mit dem Namen des Autors, dem Titel, der Gattung und dem ersten Gesamteindruck.

            • Der Hauptteil in chronologischer Abfolge der Interpretation - also Strophe für Strophe - oder in problemorientierter Deutung, wobei die innere Struktur zu erfassen ist.

            • Der Schluss kann u.a. den Bezug zur Einleitung herstellen (bestätigend, erweiternd oder korrigierend), eine persönliche Wertung des Gedichts enthalten oder offene Fragen zum Text bzw. über ihn hinausführende Überlegungen äußern.

        2. Die Korrektur sollte sehr sorgfältig geschehen und verschiedene Ebenen berücksichtigen:

            • Ist die Aufgabenstellung im Blick auf Text, Themenanalyse und Stoffsammlung erfüllt?

            • Ist die Großgliederung von Einleitung, Hauptteil und Schluss stimmig?

            • Ist die Darstellungsform korrekt im Blick auf äußere Gestaltung (Schrift, Gliederung), Wortwahl und Grammatik, Rechtschreibung und Zeichensetzung?