6. Realismus

Poetischer Realismus

Bürgerlicher / Poetischer Realismus

In Fontanes Aufsatz „Unsere lyrische und epische Poesie seit 1848“ von 1853 gibt er folgende Definition zum Realismus: "Er ist die Widerspiegelung alles wirklichen Lebens, aller wahren Kräfte und Interessen im Elemente der Kunst, er ist, wenn man uns diese scherzhafte Wendung verzeiht, eine Interessenvertretung auf seine Art. Er umfängt das ganze reiche Leben, das Größte wie das Kleinste, den Kolumbus, der der Welt eine neue zum Geschenk machte, und das Wassertierchen, dessen Weltall der Tropfen ist, den höchsten Gedanken, die tiefste Empfindung zieht er in sein Bereich, und die Grübeleien eines Goethe wie Lust und Leid eines Gretchen sind sein Stoff. Denn alles das ist wirklich. Der Realismus will nicht die bloße Sinnenwelt und nichts als diese, er will am allerwenigsten das bloß Handgreifliche, aber er will das Wahre. Er schließt nichts aus als die Lüge, das Forcierte, das Nebelhafte, das Abgestorbene - vier Dinge, mit denen wir glauben, eine ganze Literaturepoche bezeichnet zu haben."

Historischer Hintergrund

Die literarischen Epochen des 19. Jahrhundert erfahren einen Wandel durch die Märzrevolution 1848. Die Beschlüsse dieser Revolution können nicht umgesetzt werden, was die Hoffung der liberalen Deutschen auf Einheit und Freiheit zerschlägt. Die Revolution wird getragen durch die Arbeiterschicht, welche unter den sozialen und wirtschaftlichen Umständen leidet. Hinzu kommt, dass Deutschland bis 1871 in Kleinstaaten aufgeteilt ist und die Industrialisierung relativ spät einsetzt, sodass die ländlich- idyllischen Verhältnisse lange anhalten.

Hauptvertreter

Friedrich Hebbel („Maria Magdalena“ Drama 1843)

Theodor Storm („Der Schimmelreiter“ Novelle 1888)

Theodor Fontane („Effi Briest“ Roman 1895)

Gustav Freytag („Soll und Haben“ Roman 1855)

Gottfried Keller („Kleider machen Leute“ Novelle 1866)

Conrad Ferdinand Meyer („Der Heilige“ Roman 1879)

Wilhelm Raabe („Der Hungerpastor“ Roman 1864

Friedrich Hebbel („Maria Magdalena“ Drama 1843)

Theodor Storm („Der Schimmelreiter“ Novelle 1888)

Idee von Literatur

Die "Realisten" wenden sich vor allem gegen die Klassik und Romantik. Man will das Erfahrbare und Überprüfbare darstellen und ächtet die Phantasie. In der realistischen Dichtung sollen selbst die Gefühle und Meinungen des Dichters außerhalb der Darstellung bleiben. Man ist daran interessiert, den Menschen in seinem alltäglichen Leben darzustellen. Der Realist will illusionsloser Beobachter sein. (Jan Birger)

In der Schilderung von historischen Themen oder gesellschaftlichen Verhältnissen soll die Wirklichkeit möglichst genau nachgeahmt werden.( Olga )

So wenig Subjektivtät wie möglich. Das Schönheitsempfinden wird als subjektiv angesehen. Während in vorhergehenden Epochen die Schönheit meist als ein objektiver Wert betrachtet wurde, verleiht im Realismus vielmehr erst der Autor den Dingen ihre Schönheit.( Olga)

Man soll in der Kunst nicht die Idee, sondern das Objekt beschreiben, die Welt, die man sehen und fassen kann, objektiv beobachten und schildern.

Manchmal, besonders in der zweiten Phase, beschreiben und kritisieren die Realisten die Gesellschaft, aber die stärkere Gesellschaftskritik kommt in der nächsten Bewegung, dem Naturalismus.

Der Künstler ist ein „Geweihter“, der dem Lesepublikum die Wahrheit erst sichtbar macht.

Themen

Hinwendung zur lokalen Heimat (Regionalismus): Die Handlung der Werke findet meistens in kleinen Orten oder Dörfern am Lande statt. Nicht die große Politik, sondern die kleine Welt des Privaten bildet den Hintergrund.

Rückzug in die Geschichte : Viele Realisten bevorzugen historische Stoffe, die eine wirklichkeitsgetreue Schilderung ermöglichen. Hier zeigt sich der Realismus vom Historismus beeinflusst, der im 19. Jahrhundert als eine Art Universalwissenschaft das kulturelle Leben erfasste. (Lena)

Im Zentrum der Literatur steht das Individuum (Psychologisches Interesse) Der Mensch in seiner natürlichen und gesellschaftlichen Umgebung - menschliches Handeln unter dem Einfluss der Natur (körperliche und geistige Gaben, Charakter und der umgebenden Natur), der gesellschaftlichen Zwänge und des Zufalls. - Konflikte, die daraus entstehen und unter diesen Bedingungen gelöst werden müssen. (Saskia, Lena) Auch der Konflikt zwischen Individuum und Gesellschaft wird thematisiert. Für die Realisten steht nicht die Masse der Gesellschaft im Vordergrund, sondern die Persönlichkeit. Dieser psychologische Realismus legt besonderen Wert auf die Beschreibung des Innenlebens der Figuren.(Lena)

keine Darstellung von Hässlichem oder Anstößigem. Die Hinwendung zur Gesellschaft unterliegt einigen Einschränkungen: Es ist der bürgerliche Mensch und seine Lebensverhältnisse, die zum Thema des Realismus werden; den sogenannten »Vierten Stand«, die Unterschicht also, entdeckt erst der Naturalismus als Thema der Literatur (Saskia)

Dominierende Gattungen

Führend sind die erzählenden Gattungen (Roman, Novelle), weil man in diesen Formen am besten eine exakte Beschreibung einer Situation machen kann. In der Lyrik werden erzählende Gedichte bevorzugt, die Balladen; Hebbel ist der einzige Dramatiker.

Darstellenden Prinzipien

Nicht Widerspiegelung von Realität, sondern künstlerische Gestaltung der Stoffvorlage, um Wirklichkeit darzustellen. (Poetisierung)

Meistens beschreibt man den bürgerlichen Alltag Um in ihren Werken die ganze Wirklichkeit zu erfassen, beschäftigen sie sich vor allem mit dem ihnen gut bekannten Alltag des einfachen Bürgertums, aber man wählt aus: nicht wie mit einer laufenden Kamera, sondern eher wie mit Schnapschüssen

Verklärung soll Distanz zum eigentlich Unerträglichen schaffen. Der Humor wirde verwendet, um sich der Unzulänglichkeit der Existenz zu erwehren. (Olga)

Die Spannung der Handlung wird oft in die Reflexionen und Emotionen der Figuren hineinverlegt (innere Vorgänge)

Allwissender Erzähler, der häufig hinter die Figurenrede zurücktritt, mit Kommentaren sparsam ist, steht mit Humor über der erzählten Welt, enthält sich jeder Parteiname.

Es gibt keine erregte oder pathetische Äußerung, Emotionen werden vom Erzähler berichtet, die Figuren sprechen im Konversationston.(Katharina)

Kennzeichnend für die Erzählung des Realismus ist die Rahmentechnik: Ein Erzähler erinnert sich an eine Begebenheit aus seinem Leben oder an eine alte Chronik, in der die dann folgende Geschichte erzählt ist. (Jan Birger)

Ein weiteres Merkmal ist die formale, inhaltliche und stoffliche Einfachheit in oft breiter Ausgestaltung. Auf drastische Stilmittel wirde weitestgehend verzichtet. (Laura)

Wirkungsabsicht

Es wird kaum Gesellschaftskritik geübt.

Anklagen beschränken sich auf einzelne Schwächen und Fehler der Gesellschaft

Niemals wird das gesamte System in Frage gestellt.

Den Menschen soll die Wahrheit offenbart werden.