Erklärungen zu Freud "Der psychische Apparat"
Zu untersuchen ist, wie das Ich die vielfältigen Anforderungen der – bildlich gesprochen – es umgebenden Instanzen zu meistern versucht. Dabei ist der interessante und von Freud fast ausschließlich beschriebene Aspekt der Kampf des Ichs gegen die Triebansprüche des Es. Unter dem Diktat einer triebfeindlichen Umwelt und eines rigiden Über-Ichs bleibt dem Ich oft nichts anderes übrig, als Triebregungen und Ansprüche aus dem Es-Bereich zu verdrängen, d. h. ins Unbewußte abzuschieben. Die den Impulsen innewohnenden Energien gehen jedoch nicht verloren. Diese Verdrängungen sind – wenn man sie aktualisieren kann – oft der Schlüssel zum Verständnis psychischer Erkrankungen. Die gegen die Abschiebung ins Unbewußte aufgewendete Kraft des Es nennt Freud Widerstand. Oft ist die Verdrängung nicht vollständig. Teile des verpönten Triebes gehen ins Ich ein und werden nach Maßgabe der äußeren Umstände befriedigt (Realbefriedigung). Oft geschieht dies nur in Form sogenannter Ersatzbefriedigungen, bei denen die Verbindung zum ursprünglichen Triebziel gelockert ist. Z.B.: Der Haß auf einen anderen Menschen entlädt sich in der körperlichen Verausgabung beim Holzhacken. Oder: Unbefriedigende sexuelle Betätigung wird durch zotige Witze am Stammtisch er-satzweise befriedigt..
Die höhere und subjektiv befriedigendere Form der mittelbaren Befriedigung von Trieben ist die Sublimierung. Freud versteht darunter die Verfeinerung oder Vergeistigung sexueller und aggressiver Triebregungen, die von ihrem ursprünglichen Ziel fast völlig abgezogen sind. Der Sublimierende schafft es, den Lustgewinn aus einer Sublimierung höher einzuschätzen als deren unmittelbare Befriedigung. Freud ist der Meinung, daß ein Großteil unseres „hochgeschätzten Kulturbesitzes auf Kosten der Sexualität, durch Einschränkung sexueller Triebkräfte erworben wurde” (Abriß S. 56).
kurze Begriffsdefinitionen der psychischen Instanzen:
Es: Unbewußter Teil der Seele, Sitz des Trieblebens, repräsentiert die organisch-biologische Vergangenheit.
Ich: Bewußte Kontaktstelle zur Außenwelt. Repräsentiert die Persönlichkeit.
Über-Ich: Durch Erziehung erworbene Gewissensinstanz (Ich-Ideal), repräsen tiert die moralischen Anforderungen der Gesellschaft, also die kulturelle Vergangenheit.
Das Über-Ich entsteht durch Identifizierung mit den Eltern (meistens mit dem gleichgeschlechtlichen Elternteil) gegen Ende der phallischen Phase (ödipale Phase, s. u.). Mit den im Über-Ich vorhandenen moralischen Verboten soll das Ich in seiner Wächterfunktion gegen die Triebansprüche des Es gestärkt werden.
Die Überstrenge des Über-Ichs besteht darin, daß es sich nicht an den ganzen Persönlichkeiten der Eltern orientiert, sondern wiederum an deren Über-Ich. Es „ahndet” dann nicht nur reale Taten, die es für verwerflich hält, sondern im Vorgriff auf die vermeintliche Bestrafungsabsicht der Eltern auch Gedanken und unausgeführte Absichten. (In der Literatur gibt es eine Fülle von Geschichten, in denen ein „Täter” von seinem Gewissen „über-führt” wird.) Im Über-Ich besteht der Elternwille in verschärfter Form fort.
Das Ich versucht im Dienste der Anpassung an die Außenwelt die trieb-haften Wünsche des Es und die Ge- und Verbote des Über-Ichs mit den tat-sächlichen Lebensmöglichkeiten in Einklang zu bringen. Die Art und Weise, wie das Ich diesen Kampf besteht, entscheidet nach Freud über eine normale oder neurotisch-gestörte Persönlichkeitsentwicklung.
Bild 1:
Ulshöfer, Arbeitsbuch Deutsch, Sek.stufe II, Bd. 1, Sprache und Gesellschaft, Begleitband S. 30
Triebabwehr/Verdrängung: Abwehrhaltung des Ichs gegen Erlebnisse, Vorstellungen und Triebregungen, die aus dem Bewußtsein verbannt und ins Unbewußte abgeschoben werden, ohne dadurch die ihnen innewohnenden Energien zu verlieren.
Widerstand: Haltung gegen die Bewußtmachung von seelischen Konflikten; er wird von denselben Energien unterhalten, die die Verdrängung bewirken. Haupthindernis für den Therapeuten.
Ersatzbefriedigung: Lustgewinn aus der mittelbaren, von ihrem eigentlichen Ziel abgelenkten Befriedigung von Wünschen.
Subliniierung: Vergeistigung der sexuellen Triebregungen, ihre Ablenkung auf nichtsexuelle Ziele z.B. auf künstlerische Betätigung oder platonisch-geistige Freundschaften.